„Woher kommen die Kinder? Vom Storch, aus einer Blume, vom lieben Gott, vom Onkel aus Kalabrien. Doch schauen Sie sich das Gesicht dieser Bengel an: Sie tun nichts, um den Eindruck zu erwecken, sie glaubten das, was sie sagen. Sie lachen dabei oder schweigen, ihre Stimme kommt von fern, die Blicke wandern von rechts nach links, und die Antworten auf diese Erwachsenenfragen haben eine perfide Gescheitheit; sie behaupten das Recht, für sich zu behalten, was man gern flüsternd äussert. Mit dem Storch macht man sich über die Erwachsenen lustig, zahlt man ihnen mit falscher Münze heim; er ist das ironische, ungeduldige Zeichen dafür, dass die Frage nicht weiter vordringen darf, dass die Erwachsenen indiskret sind, dass sie keinen Zutritt zu der Runde haben, und dass das Kind sich das ‚Übrige’ selbst erzählen wird.“
michel foucault: schriften 3. dits et ecrits. p.354 (1997): und das sagt er zum film comizi d’amore von pasolini!
so sind die archive, diese versammlungen von bengeln, frech in ihrer herumliegendheit, in ihrer verweigerung, alles zu sagen, was sie wissen – und sie sind gar nicht, wie manche meinen, so bereitwillig, sich in neue konzepte, interpretationen, zusammenhänge stellen zu lassen. sie sind gar nicht bereit, als willige diener eines neuen ‚sinnstiftenden ganzen’ zu fungieren. sie sind, und das glaube ich ihnen, in all meiner unkenntnis ihres eigenlebens, unterstellen zu können, ganz genuin renitent in ihrer welt – da können wir sie ordnen und disziplinieren, wie wir wollen : es wird, neben den langweiligen mitläufern, immer genügend vife deserteure geben, saboteure auch, von einer subtilität, dass das ordnende system sie nicht bemerkt, aber trotzdem wegen ihnen im kreis herumläuft. ganz naiv scheint mir der ansatz zu sein, dass man archive, mit allem mitwissen, was sie uns nicht preisgeben, trotzdem in neue aussagen überführen kann. das beste, was möglich sein könnte, ist, dass man sie mit ihrem eigenständigen diskurs in einen neuen diskurs ‚mitnimmt’ : zusammen mit ihnen reist.
(naja: dieses zusammenreisen, nomadisieren ist noch bitz erklärungsbedürftig, aber ich weiss so halbwex, was ich mein, und lichtenberg nickt mit seinem kopf ‚jawohl’. auch noch ein bitz unausgegoren, aber halt auch am plaudern.)
[se:040326]
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