2007-05-21

stau.b.ecken

vergessen, vergangen, verlustig :
„Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott. Und Gott war beim Wort. Und das Wort war bei Gott.“ das ist eine langweilige geschichte, weil ein bitz selbstreferenziell. die beiden dachten sich, dass sie sich nicht so viel zu sagen haben : "ein gott, ein wort", das erschöpft sich. das wort wollte fort und ging, wer weiss wohin. und gott schuf himmel und erde, und die waren wüst und öde, und finsternis lag auf der urflut, und sein geist schwebte über den wassern. da hat er licht gemacht, und da sah alles etwas anders aus, aber auch noch nicht so sehr fest. und den rest der geschichte können wir jeden tag im tageslicht sehen und jede nacht bei nachtlicht.

ob gott und das wort sich ab & zu noch eine postkarte schicken? auch das weiss ich nicht. man weiss so wenig über sich und über seine nächsten. über gott weiss ich schon gar nichts, der ist mir aber auch nicht sehr bekannt. das wort ist eine andere geschichte - und die liest man sehr schön im 'komet' von jean paul.


und dann sind da die "Briefe an Gott" von albert ehrenstein, die nur von einem kommen können, der sich etwas besseres als die 'schöpfung' vorstellen kann. und der keine postkarten, sondern beschwerdebriefe schreibt.

"Lieber Gott, es freut mich, dass es Dir gut geht, dass du herrlich und in Freuden in Frankreich lebst, wohin du allerdings leider mich mitzunehmen vergassest. Aber ich vom Schicksal Geohrfeigter darf wohl nie wieder in fröhlicher Landschaft fröhlich sein; statt den Atlantischen Ozean zu schauen, muss ich erbärmlich in einem entsetzlichen Kabinett, in einem Spucktrügel wohnen, und das Atlantische daran ist, dass diese unerträgliche Pension Atlantis heisst. Das Zimmerchen ist so klein, dass ich, wenn ich drin sitzen will, mich beinahe in den Kasten sitzen muss, der Wanzen, Schaben und Motten über den Erdboden speit.
[...]
Keiner meiner angeblichen Freunde, keiner meiner angeblichen Verwandten will mir Gift geben, dass ich entgehe der äussersten Trübsal, die ich blase. Ich bin gegenwärtig nicht mal ein Mensch, und wie die Zukunft werden soll, den die Vergangenheit niederschlägt, weiss Dein Teufel. Glaube nicht, dass ich Dich um Dein Glück beneide, ebensogut könnte es mir einfallen den Stephansturm schlucken zu wollen. Aber mit dem letzten Funken von Leben, der in mir ist, sehne ich mich.
Erdgott! hast du nichts für die Erde, für mich übrig, bist du erkrankt oder schwach, aussätzig, hilflos, ein Abschaum der Gottheit?"

albert ehrenstein : briefe an gott (1922).


[se: 070521]

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