Am 20.Januar 1786 wird die Nachricht bekannt gemacht, dass ein in Paris lebender Deutscher namens Beyer durch eine bemerkenswerte Erfindung in Erscheinung getreten ist: „ein Portefeuille, wodurch man schreiben kann, ohne es zu sehen, sogar in der Tasche und im Fahren. Man kann allemal drey Zeilen mit gehörigen Zwischenräumen schreiben und alsdann das Papier im Finstern fortrücken, bis es auf hundert Zeilen angefüllt ist“. (Johann Georg Meusel, Erfurt 1785 (sic!)) Dieses Portefeuille ersetzt oder erleichtert zumindest eine seltsame Art von Fingerakrobatik, die bereits zu Beginn des 18.Jahrhunderts der reisende Bibliomane Zacharias Konrad von Uffenbach (1683-1734) eingesetzt zu haben scheint; seine Reisenotizen nämlich zeichnete er auf der Stelle und unbemerkt auf, indem er in der Tasche mitschrieb. Die unbeobachteten Protokolle zielen darauf ab, Unzulänglichkeiten des Erinnerungsvermögens zu kompensieren; im Verborgenen angefertigt, sind sie ausserdem darauf angelegt, den Informationsfluss ‚vor Ort’ – zumal bei Unterredungen – nicht zu stören. Ganz im Sinne der Anleitungen zur Kunst des Reisens machen sie mit den Empfehlungen ernst, sich nicht anmerken zu lassen, dass man Journal führt: Denn – so heisst es – „sonst erfährt der Reisende nichts“.
andreas hartmann: reisen und aufschreiben, in: bausinger et al.: reisekultur, münchen 1999
der erinnerung wird nicht getraut, schon gar nicht dem gedächtnis : die krakelige kutschenschrift ist zeuge der authentizität. heute sind es die fotos und videos von unfällen und katastrophen, die verwackelt sind und gerade drum ‚wahr’ sein sollen.
[se:060608]
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