2007-03-30

TARNKAPPE SCHARF. modus : eingeschaltet

ich halte die erfindung der tarnkappe, so im technischen bereich, für die allergrösste errungenschaft der menschheit. das rad ist sicher eindrücklich in seiner vielfältigen hinbewegungsverwendungswilligkeit, der liebe gott ist auch ein allerunübertroffenes schmiermittel der seelischen gleitwilligkeit, aber die tarnkappe ist das ultimativ schönste neugiererfüllungswunderwerkzeux – wenn man dem leben und dem tod auf der schulter sitzen und alles ungeschoren miterleben kann, dann kann man ruhig wieder seiner wege gehen und sterben oder : und wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie noch heute.
(aus meiner kinderliteratur hat deshalb auch das nibelungenlied eindeutig vorrang vor religiösen schriften à la bibel, koran und et zeterei, die ja eher die geschichte der jeweiligen scheffs erzählen, und was man für sie zu erledigen hat. ich war wohl ein faules kind, diesbezüglich. und ich kann nur die ausgabe des nibelungenlieds von professor walter freye empfehlen : übersetzung von simrock mit gegenübergestelltem urtext, ohne jahresangabe, dafür mit zwei beilagen in kunstdruck : diesen band hat mir mein vater auf weihnachten geschenkt, als ich etwa 11 jahre alt war – er dachte wohl, dass es an der zeit für mich sei, mittelhochdeutsch zu lernen. das hat schon ganz gut geklappt : aber die extraverzauberung der spracherfindungsmöglichkeiten, die mir in das hirn gefallen ist damit, hat er wohl nicht geahnt. trotzdem : danke : ist ein schönstes geschenk.
vers 336 : „Sîvrit der muose vüeren die kappen mit im dan / die der helt vile küene mit sorgen gewan / ab eime getwerge, daz hiez Alberich / sich bereiten zuo der verte die recken küen’ unde rîch. (der kühne sigfried führte die tarnkappe, die er einst mit anstrengung vom zwerg alberich gewann, mit sich, als sich die recken kühn und ritterlich auf die reise machten {se erste version} : second version: die tarnkappe, die der fiese sigfried mal dem zwerg alberich klaute, nahm er mit sich auf die reise mit seinen nicht minder fiesen kumpeln {se}.) aber viel eindrücklicher ist natürlich vers 337 : „er warp mit grôzen listen daz vil hêrliche wîp“ : das hiess für mich damals halt nicht, dass er schlauerweise das prachtsweib erobert hat, sondern ganz sprachlos erfüllte das meine träume von einem lieben, schönen zusammensein; ganz aufgehoben war ich mit allem unformulierten lieben in allen wunschträumen, und der teddybär hat dann halt noch alles andere weibliche ersetzen müssen : vers 62421 : „es nîmet mîn viel wunder, wie daz hat angelazen / Sîvrit der küene, hat ruhelîc geslapen / wan er ze môrgen wahet, er sîn tazzen ours entbahrt“ : („es nähme mich schon wunder, wie das gekommen ist : siegfried hat gepfüselet, und als er am morgen aufwacht, war sein teddybär verschwunden“ {se} : das kann ich auch nicht besser sagen, weil ichs selbst erfunden hab – so soll es stehen bleiben.))

[se:060607/060707]

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